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Hallo, das bin ich.

Verfasst: Mi 13.09.17 14:09
von andy_in_kenya
Also Leute,

für alle, die es interessiert, habe ich hier mal in Kurzform meine Story abgelegt:
(Na ja - Gaaanz so kurz ist es nun doch nicht, ist eigentlich eine Menge zu lesen... Sorry!)

Geboren bin ich in Berlin 1963. Als Kind wollte ich immer Tierarzt werden...also bin ich nach der Grundschule auf ein Latein-Gymnasium gegangen...Das erste halbe Jahr lief gut, konnte meinen Notenschnitt von einskommairgendwas halten. Dann kam die Scheidung meiner Eltern. (hier sei angemerkt, daß es natürlich ein Leichtes ist, das Versagen in der Schule mit derartigen Problemen zu begründen, aber...). Hängengeblieben...also nochmal das Ganze.
Meine Mutter war inzwischen mit meinem Bruder und mir zu ihrem neuen Lebenspartner gezogen, was meinen Lebenshintergrund auch nicht gerade angenehmer machte, wie wir später noch sehen werden. Wie auch immer, am Gymnasium war es ein ständiges Auf und Ab, mal versetzt, mal nicht. (Irgendwie habe ich es damals auch verpasst, mir mal selbst in den Hintern zu treten. Habe einfach nicht gerafft, daß es notwendig gewesen wäre, mal ein bißchen zu büffeln. Sagen wir mal, ich hätte damals nach der Aussage meines Mathematiklehrers gelebt: Ein GUTER Mathematiker muß von Natur aus FAUL sein!) Auf diese Weise habe ich also fünf Jahre auf dem Gymnasium verbracht, ohne wirklich etwas zu erreichen. Allerdings war es nicht umsonst...Wie ich immer wieder merke, ist doch eine Menge des Stoffs irgendwo in meinem Hirn hängengeblieben. Mittlerweile war mir auch klar, daß Tierarzt nun doch nicht mein Traumjob sein konnte. Ich würde nicht mit dem Leiden der armen Viecher klarkommen. Also Wechsel zur Realschule, damit es mit der mittleren Reife noch was würde.
Der Nebeneffekt war, daß ich plötzlich mit meinem 3 Jahre jüngeren Bruder in der selben Schulklasse war. War irgendwie 'ne coole Zeit, diese zwei Jahre...Habe dort (das war im Oktober 1980) auch meine Frau kennen- und liebengelernt. Natürlich ist auch sie drei Jahre jünger, war also damals 'leichte Beute'. ;-)
(Nein, ich bin absolut kein Chauvi oder Macho-Typ. Ist halt nur so, daß ich wegen des Altersvorsprungs eine ganze Ecke 'reifer' war als meine männlichen Klassenkameraden...)
Zu der Zeit habe ich dann langsam mitbekommen, daß mit meiner Mutter irgendwas absolut nicht okay war. Die war praktisch im Dauerglimmer. Besoffen von morgens bis abends. Diverse unschöne Ereignisse führten dann schließlich dazu, daß ich im März 1982 noch vor Abschluß der Schule und im 'zarten Alter' von 19 Jahren zu meiner Freundin zog. (Die im Übrigen ganz ähnliche Probleme mit ihrem alten Herrn hatte...Vermutlich ist das einer der Gründe, warum wir so schnell und fest zusammengefunden haben.) Wir haben dort dann in ihrem 'Kinderzimmer' gewohnt, bis wir unsere Ausbildungsplätze hatten, und sind im September '82 zu Ausbildungsbeginn bereits in unsere erste eigene Wohnung gezogen.

Ja, die Ausbildung. Das war für mich damals eine Stufenausbildung, absolviert an der Technischen Uni in Berlin. Zwei Jahre zum Nachrichtengerätemechaniker, dann nochmal anderthalb Jahre on Top zum Informationselektroniker.
Dann der erste Job.
1986 gab es in Berlin einen Produktionszweig einer Bude aus dem Saarland. Die Jungs bauten ursprünglich sogenannte 'ELA'-Anlagen zur Verkaufsraumbeschallung in Warenhäusern und so. Unter anderem haben wir damals aber auch das erste von der Post zugelassene 9600k-Modem gebaut. Ich war da für Arbeitsplatzvorbereitung, Qualitätskontrolle und die Programmierung der Bestückungsautomaten für die Leiterplatten zuständig. Produktion halt. Zum Glück mußte ich zwei oder drei Mal zu Kunden, die oben erwähnte ELA-Anlagen installiert hatten, um dort Probleme zu korrigieren. Bei diesen Gelegenheiten habe ich dann gemerkt, daß DAS eigentlich mein Job ist: Nicht Produktion, nöööö, das ist öde. Sondern im Feld zum Kunden, als Kundendienst-Techniker.
Und so bin ich dann 1992 bei Xerox in Berlin gelandet. Die zweite richtig coole Periode in meinem Leben. Mein Gefühl hatte sich bestätigt. Ich BIN der geborene Kundendienst-Techniker.
Habe mich dort relativ schnell bis zum sogenannten 'High-Volume'-Bereich für Kopiermaschinen hochgearbeitet. Die Teile hauen pro Minute bis zu 100 A4-Kopien raus (jedenfalls damals...). 1995 flogen wir das erste Mal zum Urlaub nach Kenia. Das übliche Paket, eine Woche Safari-Rundreise, eine Woche Strandurlaub an der Küste. Das war gar nicht so übel, aber safarimäßig nicht wirklich, was wir uns vorgestellt hatten. Geschlafen hat man da z.B. in sogenannten 'Lodges', also Hotels. Relativ weit weg von der Natur. Trotzdem, als der Urlaub vorbei war, sagte meine Frau:'Andy, ich will da leben!'
Damals war ich noch der Meinung, daß ein Urlaub in Kenia eine tolle Sache sei, aber dort zu leben und zu arbeiten? Na jaaa... War also nicht so mein Ding.
Dann kam 1996. Wieder Urlaub, diesmal Camping-Safari. Mit Herbert. Herbert war der Safariunternehmer (ein Deutscher), der damals im Auftrag der Reisegesellschaft Campingsafaris veranstaltete. War richtig gut. DAS war endlich, was WIR uns unter 'Safari' vorstellten. Campen im Busch, die Tiere nachts im Camp. Prickelnd! Das hat dann bei mir einen Meinungsumschwung gebracht: 'Also Schatz, wenn ich DAS tun könnte, Campen im Busch, Touristen durch die Reservate fahren und Tiere beobachten...DANN könnte ich mir ein Leben in Kenia vorstellen.'
1997. Februar. 14 Tage campen pur. Mit Herbert. Privat gebucht, kein Reiseveranstalter. Die geilste Safari von allen.
Im Mai '97 ist Herbert in Berlin. Bietet uns an, in sein Geschäft mit einzusteigen. Sehr gute Konditionen, unsere Einstiegseinlage soll 30.000 DM sein. Viel diskutiert und dann beschlossen, es zu versuchen. In Rekordzeit haben wir den Umzug organisiert und die Jobs gekündigt. Unsere Arbeitgeber waren in dieser Beziehung sehr hilfsbereit und haben uns nicht das kleinste Steinchen in den Weg gelegt. Am 12. August flog mein Frauchen nach Nairobi. Am 13. habe ich dann unseren Zoo auf den Weg gebracht. (6 Katzen, 2 Kaninchen, 3 Meerschweinchen und zwei Maurische Landschildkröten). Am 14. bin ich dann selbst geflogen.
Der 40-Fuß-Container mit unseren Habseligkeiten und dem Polo war schon eine Weile unterwegs nach Mombasa.
In Nairobi haben wir dann ein Jahr verbracht. Ungefähr so lange hat es auch gedauert bis wir sicher waren, daß Herbert, das ******, uns offensichtlich nur nach Kenia geholt hatte, um uns nach 'angemessener' Zeit mit leeren Händen wieder zurück nach Deutschland zu schicken. Mit anderen Worten: Natürlich hatte er uns über den Tisch gezogen. Die 30.000 sind auf Nimmerwiedersehen verloren. Safaris liefen keine, dafür haben sehr ungünstige Umstände hier im Land gesorgt: Im Dezember '97 sollte Präsidentenwahl sein, was zur Folge hatte, daß sich die Einheimischen gegenseitig die Köpfe einschlugen, um die jeweils andere Seite zu überzeugen, daß IHR Mann der bessere für den Posten sei. Dazu sintflutartige Regefälle über Monate, ausgelöst durch den 'El-Nino' Effekt, und, daraus resultierend, Überflutungen und Gerüchte über den Ausbruch der Cholera. Kurzum - der Tourismus in Kenia war im Keller. Im Juli '98 haben wir dann in Nairobi 'den Fisch' gemacht. Unser Zeug auf einen Lkw geladen, die Tiere in den Polo, und ab nach Mombasa. Weit weg vom ******. Die letzten Ersparnisse gingen für den Transport nach Mombasa und die ersten drei Monatsmieten für das Haus drauf. Als wir in Mombasa ankamen, hatten wir noch 5.000 Kenianische Schillinge in der Tasche, das waren damals so ca. 135,- DM. Wenn wir ein bißchen leichter aufgeben würden, hätten wir spätestens DANN alles verkaufen müssen, um zurück nach Deutschland zu fliegen. Aber: Wir beschlossen zu bleiben und uns durchzubeißen. Ich habe dann mal angefangen, Elektroinstallationen und Computerreparaturen zu machen. Genau das, was ich eigentlich in Kenia nie und nimmer tun wollte: Einen ganz normalen Job. Allerdings war das die einzige Perspektive, die wir hatten.
Vielleicht war es die Tatsache, daß ich ein Weißer bin, oder daß ich die Jobs anständig gemacht habe, oder eine Kombination aus beiden...Jedenfalls konnte ich zum Glück recht schnell Fuß fassen - das Geschäft lief gut genug um uns zu ernähren und ein Dach über dem Kopf zu geben. Inzwischen sind es fast ausschließlich Computer, die zu reparieren und zu warten sind. Ab und zu mal 'ne Waschmaschine, aber wir sind ja nicht wählerisch...
Im April 2000 habe ich meine Frau dann auch endlich geheiratet, damit sie im Land bleiben darf. Nach damals bereits 20 Jahren brauchten wir eigentlich für uns kein Papier mehr, um uns klarzumachen, daß wir zusammengehören. Anfang 2006 bin ich endlich Kenianischer Staatsbürger geworden. Das erleichtert alles etwas, weil wir nicht mehr davon abhängig sind, alle zwei Jahre die Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis zu erneuern.
Tja, so sieht das aus.
Was wurde aus Herbert? Den hat man ca. ein halbes Jahr, nachdem wir vor ihm 'geflohen' sind, in ITALIEN in den Knast gesteckt...Scheinbar hatte jemand die Behörden getippt, daß er versuchen würde, Drogen in die USA zu schmuggeln. Damit kann ich gut leben. Soll er dort vergammeln. Meine Kohle sehe ich sowieso nie wieder.

Wie komme ich zu Euch?
Ganz einfach - wir haben uns im August letzten Jahres einen Peugeot 306, BJ 2000, gekauft. Das Teil macht jetzt plötzlich Zicken, und leider muß ich sagen, daß es hier mit gut ausgebildeten Kfz-Mechanikern und/oder Mechatronikern eher mau aussieht. Die logische Folge: Wenn man mechanisch kein Vollidiot ist, versucht man, soviel wie möglich selbst zu machen. Well, wenn man die entsprechenden Informationen an Land ziehen kann...
Wir sind hier in Afrika natürlich etwas abgeschnitten, was Informationsbeschaffung angeht. Abgesehen vom Internet.
Nun, DAS bringt mich zu Euch.
Ich schätze mal, als 'kurze Vorstellung' sollte das wohl ausreichend sein.

Herzliche Grüße aus Kenia,
Andy.