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metallurgisches Gutachten
Verfasst: Sa 23.06.07 19:32
von Martin
Hi Leute,
nehmen wir mal folgenden (natürlich absolut fiktiven) Fall an:
Ein Fahrer eines Peugeot 307 hat viel Geld und Langeweile und ist genervt ob der Tatsache, dass die Bremsscheiben seines Wagens von unterdurchschnittlicher Qualität sind. Er schnappt sich nach einem erneuten Wechsel auf neue Bremsscheiben eine alte Scheibe und übergibt sie einem Institut, welche die Zusammensetzung des Stahls ermittelt.
Auf Grund der Ergebnisse kommt das Institut zu der Erkenntnis, dass ein solcher Stahl nicht in der EU produziert wird. Vielmehr würden die Bestandteile auf eine "Stahlsorte" hinweisen, wie sie nur in China produziert werden würde.....
Nun meine Frage an die Spezialisten unter Euch:
Kann es sein, dass eine solche Untersuchung wirklich die (zumindest grobe) Herkunft des verarbeiteten Stahls benennen kann
Gibt es in der EU bestimmte Einfuhrbestimmungen für Rohstahl, bzw. für aus diesem Rohstahl hergestellten Teile wie Bleche, etc. für die Fahrzeugindustrie
Danke für die Antworten...
Gruß Martin
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Sa 23.06.07 20:44
von kay_c
Bremscheiben werden gegossen. Beim Gießen wird die Legierung genau nach Wunsch eingestellt. Ein Grundmaterial wird eingeschmolzen und anschließend werden aufs Milligramm genau Legierungselemente zugefügt. Es gibt also keine Stahlsorte im herkömmlichen Sinn. Daran kann es also nicht liegen.
Viel eher kann durch Fehler in der Temperaturführung während der Erstarrung nicht das gewünschte Gefüge eingestellt worden sein. Also mangelndes Knowhow in der Gießerei.
In China werden die garantiert nicht gegossen, aber vielleicht in Osteuropa.
Wie äußert sich denn die "unterdurchschnittlicher Qualität" dieses absolut fiktiven Fahrer eines Peugeot 307?
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Sa 23.06.07 20:58
von Martin
kay_c hat geschrieben:
Wie äußert sich denn die "unterdurchschnittlicher Qualität" dieses absolut fiktiven Fahrer eines Peugeot 307?
Hallo,
vielen Dank für Deine Antwort
Die "unterdurchschnittliche" Qualität äußert sich in:
- extrem weichem Material (Hammerschläge ergeben tiefe Beulen im Material)
- punktuelle bläuliche Verfärbung bei normaler Beanspruchung des Materials
- extremer Rostbefall auf der Reibfläche bei Nichtbenutzung von weniger als 48 Stunden
Gruß Martin
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: So 24.06.07 15:57
von 205*Cti
selbst wenn das Zeug aus Fernst kommt. Die Scheibe ansich hat mal irgendwo eine Abnahme in der EU bekommen und damit Pasta. Egal wo die her kommt und Fernost macht ja nicht nur Schrott.
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Mo 25.06.07 09:39
von DNCTI
Martin hat geschrieben:
Nun meine Frage an die Spezialisten unter Euch:
Kann es sein, dass eine solche Untersuchung wirklich die (zumindest grobe) Herkunft des verarbeiteten Stahls benennen kann
Das geht. Machst zuerst eine Spektralanalyse, um die Zusammensetzung der Legierung herauszufinden. Dann suchst Du im Stahlschlüssel nach dem Werkstoff, die prozentualen Anteile der Legierungselemente hast Du ja.
Die unterschiedlichen Stähle sind u.a. auch nach dem Herstellungland sortiert.
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Mo 25.06.07 22:10
von Marc
Martin hat geschrieben:Hi Leute,
Nun meine Frage an die Spezialisten unter Euch:
Kann es sein, dass eine solche Untersuchung wirklich die (zumindest grobe) Herkunft des verarbeiteten Stahls benennen kann
Gibt es in der EU bestimmte Einfuhrbestimmungen für Rohstahl, bzw. für aus diesem Rohstahl hergestellten Teile wie Bleche, etc. für die Fahrzeugindustrie
Gruß Martin
Meine Einschätzung - das geht sicher.
Bei der heutigen Situation von Marken- und Produktpiraterie sind selbst Autoteile nicht ausgenommen. Dramatisch daran ist, dass es sich hierbei auch um sicherheitsrelevante Teile handelt.
Greetings Marc
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Fr 29.06.07 14:38
von Björn 307HDI
Also die genaue Zusammensetzung eines Stahls festzustellen ist ein kleineres Problem. Bei meinem ehmaligen ( und wieder zukünftigen) Arbeitgeber wurden Stähle in der Regel mit Materialprüfzeugnissen bestellt. Selbst (oder gerade) Stähle aus Fernost, Südamerika und Co. verfügen in der Regel über entsprechende Zeugnisse die den Deutschen Normen entsprechen. (natürlich kann man auch Stähle ohne jegliches Zeugnis bei uns bekommen)
Mein Betrieb hat eigentlich sehr oft solche Stähle ohne Zeugnis gekauft. Anschliessend wurden bei der "Versuchsanstalt für Stahl-Holz und Steine der Uni Karlsruhe" Versuche durchgeführt wie eben die Analyse der Zusammensetzung, Korrosivitätsprüfungen, Kerbschlagprüfungen, Mikro und Makroschlifanalysen, Röntgen- und Zugprüfungen. usw je nach Bedarf in Aufttrag gegeben.
http://www.va.uni-karlsruhe.de/162.php
Was so ein Versuch allerdings kostet kann ich im Moment nicht sagen, da ich die letzten 2 jahre nicht mehr mit der Materie zu tun hatte. Aber da es ja eine Uni ist wäre sowas ja evtl. auch mal als Forschungsprojekt realisierbar
Den Herrstellungsort ausfindig zu machen solte evtl. auch möglich sein, da es bestimmte Stähle gibt die nur in bestimmten Gegenden produziert werden.
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Fr 29.06.07 16:21
von Martin
Hallo,
vielen Dank für Eure Antworten.
Dann ist es ja wohl tatsächlich möglich die Herkunft des Stahls zu ermitteln....Hätte ich nicht gedacht...
Gruß Martin
Re: metallurgisches Gutachten
Verfasst: Sa 30.06.07 09:48
von kay_c
Aber die Herkunft ist ehrlich gesagt uninteressant!
Wichtiger ist doch, was bei der Herstellung falsch gelaufen ist.
Die Zusammensetzung herauszufinden ist kein Problem und dauert nur 1-2 Minuten. Jeder größere metallverarbeitende Betrieb und große Gießerein haben ein Massenspektrometer. Durch eine einfache Funkenanalyse erhällt man die Zusammensetzung. Aber da wird es keine Auffälligkeiten geben.
Das Problem ist der Gefügezustand, wie er sich nach dem Abguss eingestellt hat. Aber dazu muss eine Probe herausgeschnitten, geschliffen und geätzt werden, um das Gefüge beurteilen zu können.